Nashörner in Uniform –
Ionesco und das Theater des Absurden
Das absurde Theater – manchmal sogar als „Antitheater“ bezeichnet - hat, vor allem in Frankreich, eine lange Tradition. Alfred Jarrys „König Ubu“ löste schon 1896 mit seinen antibürgerlichen und propagandistischen Elementen und vor allem seiner Fäkalsprache einen Skandal aus, doch stand bei ihm und anderen Autoren seiner Zeit noch die reine Lust am Experimentieren im Vordergrund. Der Zweite Weltkrieg brachte jedoch einen gewaltigen Einschnitt in das althergebrachte Verständnis von Theater und Kunst. Frühere Glaubenssätze hatten ihre Gültigkeit verloren, alles war zerbrochen und musste neu aufgebaut werden, die Existenz Gottes wurde eben-
so inFrage gestellt wie das eigene Handeln, die ganze Welt wurde als sinnentleert und beängstigend empfunden. Wie sollte man nach den Schrecken und Gräuel des Krieges noch weitermachen? Was sollte man angesichts von Millionen von Toten noch sagen? Autoren wie Samuel Beckett und Eugène Ionesco schlugen im Angesicht solcher Fragen einen radikalen Weg ein:
Die Absurdität der Welt nach dem Krieg sollte auch das Handeln auf der Bühne bestimmen.
Die vom klassischen Theater geforderten Einheiten von Zeit, Handlung und Ort wurden aufgelöst, an ihre Stelle traten un-
logische Szenarien, absurde Handlungen und wahllos verknüpfte Dialogreihen, die auf den ersten Blick absurd-humorvoll wirken, in ihrem Inneren aber auch Angst und Orientierungslosigkeit verbergen. Alltägliche Situationen werden übertrieben dargestellt, die Figuren gleichen leblosen Marionetten ohne eigene Persönlichkeit. Der Mensch stellt sich nicht der Welt oder anderen Menschen, sondern dem Chaos und dem Rätselhaften. Kommunikation ist nicht mehr möglich, denn durch das Aneinander-Vorbeireden, Ins-Leere-Reden und sinnlose Dialoge wird die Sprache regelrecht „zerstört“. Und doch bleibt bei aller Hoffnungslosigkeit noch Platz für Galgenhumor.
Handelt es sich beim absurden Theater um tatsächlich „absurde Darstellungen“ oder eine „Darstellung der absurden Welt“? Viele Zuschauer mögen mit der ersteren Annahme sympathisieren - vor allem deshalb, da sie sich weigern, sich selbst und ihr Leben für absurd zu halten.
Texte: Chiara Nassauer
Textquellen: wikipedia.org/wiki/Eug%C3%A8ne_Ionesco; wikipedia.org/wiki/Absurdes_Theater; ionesco.de/die-nashoerner.html; study-smarter.de/schule/deutsch/textarten/absurdes-theater/
Bildnachweis: Titel Wikipedia, Leopold von Kalkreuth (1855-1928);
Foto Nashornkopf: Jakob Karrasch; Portrait Ionesco: Wikipedia; Le peuple des arbres, Gemälde von Ionesco, © Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_d037100; Menschenmasse Adobe Stock; Portrait Regisseurin © Chiara Nassauer, Bild rechts: Michael Karrasch
V. i. S. d. P.: Michael Karrasch, 1. Vorsitzender
Gartenstr. 11, 82418 Seehausen am Staffelsee
Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben GmbH & Co.KG